Der Kauf des ersten Originalkunstwerks ist ein bisschen wie die erste große Liebe: etwas Besonderes. Davor hatte ich nie darüber nachgedacht, Kunst zu kaufen. Doch dann wurde ich von meinen Gefühlen überrannt.
- Digitaler Aufbruch, analoge Kunst
- Erste Ausstellung im Verlag
- Liebe auf den ersten Blick
- Kunst im Alltag
Ich erinnere mich gut: Es waren Jahre der Aufbruchstimmung. Ich leitete ein Projekt in dem Medizinverlag, in dem ich damals als Lektorin arbeitete – das erste große Online-Projekt, in der ersten Online-Abteilung. Jung war ich, steckte voller Begeisterung und Energie, genau wie das Team, dessen Teil ich war.
Nach der Arbeit trafen wir uns oft noch zum Essen oder auf ein Bier – und sponnen unsere Ideen weiter. Wir fühlten uns wohl auch ein bisschen als etwas Besonderes, als diejenigen, die nach vorne schauten, in eine innovative, digitale Zukunft. Bis die erste Online-Blase kurze Zeit später platzte, war auch der Verlag insgesamt in optimistischer Aufbruchstimmung.
Digitaler Aufbruch, analoge Kunst
Spannenderweise war es genau in diesen Jahren, dass wir Verlagsmitarbeiter*innen die Geschäftsführung davon überzeugten, dass es dem Ansehen des Hauses gut täte, Kunst zu zeigen. Nichts, was mit Medizin zu tun hatte, auch nichts Digitales – einfach nur Gemaltes und Gezeichnetes, Skulpturen und Installationen. Einzige Bedingung: Die ausstellenden Künstlerinnen und Künstler sollten regional ansässig sein. Der Verlag erklärte sich bereit, bei Ausstellungsende immer ein Kunstwerk zu erwerben – und zwar das, für das sich die Mitarbeiter*innen mehrstimmig entschieden hatten.
Schnell fand sich eine Gruppe Kunstinteressierter, die Lust darauf hatten, zweimal im Jahr eine Ausstellung zu organisieren. Eine Mischung aus allen Abteilungen, bunt wie das Verlagsleben. Ich war zwar damals schon selbst kreativ, doch hatte keine Ahnung von Kunst. Aber ich war neugierig, wissbegierig und hatte Lust, Kunst und vor allem Kunstschaffende kennenzulernen.
Die erste Ausstellung im Verlag
Die erste Künstlerin, die bei uns ausstellte, war Tanja Schönberg. Einer der Organisatorinnen kannte sie und hatte sie vorgeschlagen. Zur Planung besuchten wir sie am Tegernsee in ihrem Haus und Atelier. Ich war aufgeregt: Eine echte Künstlerin kennenlernen, sehen, wie und wo sie arbeitet, Bilder von ihr im Atelier anschauen. Der Empfang bei selbstgebackenem Kuchen war so herzlich, dass sich meine Scheu schnell verflüchtigte.
Die erste Lektion: Künstler*innen sind Menschen wie du und ich.
Sehr beeindruckt war ich, als Tanja ein Bild nach dem anderen hervorholte (wir wollten zusammen auswählen, was wir aufhängen). Für mich, die damals zwei, drei Bilder im Jahr malte, war es unvorstellbar, dass ein Mensch so viele verschiedene Arbeiten schaffen konnte.
Liebe auf den ersten Blick
Und dann sah ich das Bild „Nachtschwärmer“ – und war sofort verliebt. Ich wusste, dass ich mich mit diesem Werk im Alltag zu Hause umgeben möchte. Bis dahin hatte ich noch nie darüber nachgedacht, dass man Originalkunst kaufen und bei sich aufhängen kann. Ich sagte erstmal nichts. Ich hatte keine Ahnung, was solch ein Bild kostet und war sicher, dass ich mir mit meinem kleinen Gehalt keine Kunst leisten kann. Es war mir peinlich zu fragen und das dann zugeben zu müssen.
Die zweite Lektion: Kunst kann Emotionen hervorrufen, einen so richtig packen. Und nicht mehr loslassen.
Kunst im Alltag
Als ich dann kurz vor der Ausstellungseröffnung die Preisliste sah, war ich hin und her gerissen. Es war viel günstiger als gedacht.
Die dritte Lektion: Nicht jedes Kunstwerk kostet so viel wie ein Gerhard Richter.
Aber leisten konnte ich es mir trotzdem nicht. Dann ging ich Tag für Tag an diesem Bild im Treppenhaus des Verlags vorbei. Stellte mir vor, an welcher Wand es bei mir zu Hause hängen könnte. Wie es wäre, es morgens nach dem Aufstehen oder am Wochenende zu sehen. Irgendwann fasste ich mir ein Herz und fragte die Künstlerin, ob sie mir das Bild reserviert und ich es über ein Jahr in Raten abstottern könnte. Ich konnte.
Die vierte Lektion: Wenn man etwas wirklich will, finden sich Mittel und Wege.
Und ich durfte es sogar bereits direkt nach der Ausstellung mit nach Hause nehmen.
Die fünfte Lektion: Kunstschaffende freuen sich, wenn sie mit ihrer Kunst berühren.
Tanja und ich sind in Kontakt geblieben. Und „mein“ Bild begleitet mich seitdem durch mein Leben, mittlerweile zusammen mit weiteren Kunstwerken, die mein Herz erobert haben. Aber das sind wieder andere Geschichten.
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Ich freue mich: Mein neuer Katalog ist fertig.
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