Kunstmarkt

von | Kurz & knackig

Viele Menschen verbinden mit „Kunstmarkt“ die Zahlen, die durch die Presse geistern, wenn mal wieder ein Kunstwerk zu einem Preis versteigert wurde, den sich Normalsterbliche nicht vorstellen können. Doch in der Kunst ist es nicht anders als im Fußball oder in der Literatur: Einige wenigen sehr erfolgreichen Menschen und Werken mit Riesensummen stehen Heere von Unbekannten gegenüber, die kaum überleben können mit dem, was sie tun. 

Der Kunstmarkt besteht zunächst aus allen Organisationen und Ereignissen, bei denen Kunst im Umlauf ist, um damit zu handeln. Der An- und Verkauf wird auch als Kunsthandel bezeichnet, die Akteure als Kunsthändler. Museen kaufen zwar Kunst, aber handeln nicht damit. In dem Moment, wo ein Kunstwerk in ihren Besitz übergeht, ist es dem Kunstmarkt entzogen. Deshalb werden Museen dem Kunstbetrieb, aber nicht dem Kunstmarkt zugerechnet (sieht man mal von den Eintrittspreisen und den Museumsshops ab, in denen ein reger Verkauf stattfindet).

Traditioneller Kunstmarkt

Klassischerweise geht das mit dem Kunsthandel so: 

  1. Der Künstler schafft Kunst. 
  2. Wird er von einer Galerie entdeckt, beginnt diese, ihn zu vermarkten – aufzubauen, bekannt zu machen, Ausstellungen (in den eigenen Räumen oder auch in Kunstvereinen) zu organisieren, zu verkaufen – zum Beispiel in der Galerie oder bei Messen. Und dabei möglichst seinen Wert zu steigern. Beim erfolgreichen Verkauf an Kunstsammler erhält eine Galerie für ihre Arbeit rund 50% der Einnahmen.
    Der Vorteil: Im Idealfall tut jeder der Beteiligten das, was er gut kann: der Künstler macht Kunst, Der Galerist vertritt und vermittelt ihn und seine Werke.
    Der Nachteil: Dieser sogenannte Erstmarkt (Primärmarkt) ist undurchsichtig und sehr exklusiv. Keiner weiß so richtig, wie die Preise entstehen, ob und warum es wann welche Rabatte gibt und über Preise wird sowieso nur geflüstert. Und nicht jeder, der Kunst will, bekommt sie auch, da hilft auch nicht unbedingt eine gute gefüllte Geldbörse. Hilfreich sind dagegen z.B. langjährige Beziehungen zu einer Galerie.
  3. Die Werke werden erneut verkauft, etwa weil sich die Ausrichtung der Sammlung ändert, der Besitzer verstorben ist oder Geld braucht. Dann kommen sie auf den Zweitmarkt (Sekundärmarkt), also dort, wo der An- und Verkauf von Kunst stattfindet, die bereits auf dem Markt in Umlauf ist. Da dieser Handel überwiegend von Auktionshäusern (neben z. B. Antiquariaten) abgewickelt wird, wird er auch Auktionsmarkt genannt. Hier wird die Kunst versteigert. Ein Aktionshaus erhält etwa 25 % des ersteigerten Preises. Der Künstler selbst profitiert nicht direkt vom Verkauf auf dem Zweitmarkt, doch indirekt durch seine Wertsteigerung auch für den Erstmarkt.
    Vorteil: Dieser Kunstmarkt ist vielleicht unverständlich für Außenstehende, aber im Prinzip sehr transparent. Die Preise sind öffentlich und für jeden einsehbar. Jeder der es sich leisten kann, darf mitbieten. Auktionen richten sich nach Angebot und Nachfrage – und sind damit Indikatoren für den Marktwert von Kunst.
    Der Nachteil: Innerhalb kürzester Zeit wird darüber entschieden, welchen Wert ein Kunstwerk hat (oder eben, dass es keinen hat). Bleibt ein Werk bei einer großen Auktion einmal unverkauft, hat der Künstler es oft schwer, noch einmal am Markt Fuß zu fassen. Deshalb werden Einstiegspreise von den Auktionshäusern oft niedriger als auf dem Erstmarkt angesetzt.

Sammler tummeln sich auf all diesen Märkten: Sie kaufen Kunst direkt im Atelier, von den Galeristen, bei Ausstellungen und Auktionen. Und – vor allem diejenigen, die Kunst als Investment sehen –, bringen diese auch wieder in den Handel.

Neue Entwicklungen

Dieser traditionelle Kunstmarkt ist seit einigen Jahren stark im Umbruch:

  • Der Erstmarkt konzentriert sich zunehmend auf eine überschaubare Gruppe großer, global agierender Galerien, kleinere haben es schwer, viele geben auf. 
  • Der Kunstmarkt findet zunehmend auch online statt. Digital tummeln sich sowohl Galerien und Auktionshäuser, als auch die Künstlern auf eigenen Webshops oder Privatpersonen, die Kunst auf dem Kleinanzeigenmarkt weiterverkaufen.
  • Es gibt immer mehr Künstler, die sich dem klassischen Kunstmarkt entziehen. Die Gründe sind vielfältig: Weil sie Autodidakten sind und damit verschwindend geringe Chancen haben, von Galerien in ihr Portfolio aufgenommen zu werden. Weil sie keine Lust auf die „Gatekeeper-Funktion“ der auf dem Kunstmarkt Agierenden haben. Weil sie nicht so hohe Provisionen an Galerien abgeben oder die Preise selbst festlegen wollen. Das Selbstmarketing ist durch die Möglichkeiten des Internets und durch Social Media einfacher geworden und erreicht – zumindest theoretisch – rund um die Uhr viele Menschen. Ich bin sicher, es gäbe etliche Kunstschaffende früherer Zeiten, die – ob studiert oder nicht – heute als Influencer Kultstatus hätten, etwa Albrecht Dürer oder Andy Warhol.
  • Das, was Kunst ist bzw. ihr Wert, wird zunehmend von Privatsammlern bestimmt, weniger – wie früher – von Kunstkritikern und Museen.

Zahlen

Auch wenn die Meldungen über Mondpreise bei Auktionen anderes glauben machen: Der Kunstmarkt ist zwar nicht vernachlässigbar, doch im Vergleich zu anderen Märkten klein. Hier ein paar Zahlen: 

  • Weltweit lag der Umsatz im gesamten Kunstmarkt 2023 bei 65 Milliarden Dollar, etwas weniger als 2022, doch höher als vor der Pandemie. Zum Vergleich: Elon Musk meldete in 2023 einen Jahresumsatz von fast 97 Milliarden Dollar, das Unternehmen Apple gut 380 Milliarden Dollar.
  • Fast die Hälfte der Verkäufe gehen auf den US-Markt (42 %), gefolgt von China/HongKong (19 %) und Großbritannien (17 %). Die letzten beiden liefern sich seit Jahren ein Kopf-an-Kopf-Rennen.
  • Das sonstige Europa hatte mit einem Umsatz von 9 Milliarden Dollar einen Anteil von knapp 14 %.
  • In Deutschland betrug der etwa 2 Milliarden Dollar. Damit liegt die Bildende Kunst in der Kreativwirtschaft auf dem letzten Platz. Zum Vergleich: In der Gaming-Industrie wurde etwa 20-mal so viel, in der Werbewirtschaft gut das Zehnfache umgesetzt. Und selbst Bücher verkaufen sich um ein Vielfaches besser als Bildende Kunst. Erfreulich ist, dass Deutschland beim Verkauf der Kunst von Frauen ganz vorn mitspielt. 
  • Der Online-Markt wächst, und zwar rapide: Mittlerweile wird mit 11,8 Milliarden Dollar online fast doppelt so viel umgesetzt wie im Jahr 2019. Das entspricht einem Anteil am gesamten Kunstmarkt von 18 %. Interessanterweise gehören die Deutschen mit zu denjenigen Käufern weltweit, die am wenigsten Berührungsangst haben, online Kunst zu kaufen.

Übrigens: Zwischen 2013 und 2023 lag weltweit mehr als die Hälfte aller Auktionspreise für Bildende Kunst unter 3.000 Euro.

Galerien sind wichtige Akteure im Kunstmarkt
Galerien sind wichtige Akteure im Kunstmarkt.

Externe Quellen & interne Links