„Flowers inside“ – ein Hoch auf die Schönheit, Vielfalt und Verletzlichkeit der Natur

von | 14. Oktober 2024 | Kunst erleben

Flowers Inside: Ausstellung von 5 Kunstschaffenden in der Badstube in Wangen

An die Stadtmauer von Wangen kuschelt sich ein Kleinod: Das alte Bad mit seiner rund 600-jährigen Geschichte. Das Gebäude mit Kreuzgewölbe und Bohlen-Balkendecke im Erdgeschoss gilt als eines der besterhaltenen Badehäuser aus dem Mittelalter. Ein zweites Kleinod findet sich im Obergeschoss: die wunderbaren Ausstellungsräume der Städtischen Galerie.

Ein drittes Juwel schmückt derzeit wiederum diese Räume: Die Ausstellung „Flowers inside“. Fünf sehr unterschiedliche künstlerische Positionen, die doch eines gemeinsam haben: die vielfältige Schönheit der Flora in Form und Farbe zu feiern. Die Ausstellung macht Freude, lädt zum Stauen ein. Sie verführt zum Inhalten, Lächeln und Eintauchen.

Susanna Taras: Malerei mit Wolle

Flowers Inside: Malerei mit Wolle von Susanna Taras in der Badstube in Wangen
Fröhliche Farben, beeindruckende Größen: die Arbeiten von Susanna Taras machen gute Laune.

Beginnt man den Rundgang linkerhand, begegnet man den farbenfrohen Tapisserien von Susanna Taras. Die Blüten sind durch ihre Formensprache durchaus identifizierbar, doch bekommen sie durch ihre Größe, die poppigen Farben und das Material eine ganz neue Individualität. Sie wecken die Lebensgeister und machen gute Laune. Leider ist berühren nicht erlaubt – zu gern würde man mit den Fingern über die getufteten Oberflächen fahren, um das Seherlebnis durch die haptische Erfahrung zu ergänzen.

Hermann Försterling: in Blüten spazieren

Flowers Inside: großformatige Blütenmalerei von Hermann Försterling in der Badstube in Wangen
Vor den riesigen Blüten von Hermann Försterling fühlt man sich selbst fast klein.

Überlebensgroß sind auch die Bilder in Öl-Harzölfarben von Hermann Försterling im Nachbarraum. Im Fokus stehen einzelne Blüten, die zunächst durch ihre schiere Abmessungen verblüffen. So muss sich Gulliver im Land der Riesen gefühlt haben oder Alice im Wunderland. Die Details und Kompositionen von Licht und Schatten sind umwerfend und geheimnisvoll. Hier möchte man gern länger in der Mitte des Raumes verweilen, um ganz in das Blütenzentrum einzutauchen.

Angela M. Flaig: starke Verletzlichkeit in filigranen Installationen 

Flowers Inside: Angela M. Flaig in der Badstube in Wangen
Die Arbeiten von Angela M. Flaig befinden sich in Plexiglasboxen. Steht man davor, kann man sich vorstellen, warum: Man hat den Eindruck, als ob bereits der leiseste Windhauch die filigrane Komposition zerstören könnte.

Der nächste Kontrast dann nebenan, in den Räumen von Angela M. Flaig. Sie arbeitet mit Pflanzensamen, die sie selbst sammelt und zu zauberhaften Kompositionen fügt – manche kissenartig, andere eher in symmetrischen Reihungen. Doch selbst in der geometrischen Anordnungen fällt auf: kein Samen gleicht dem andern. Hier möchte man verweilen und einsinken, staunt über die filigrane Schönheit der Natur, der Samen von Pusteblume, Distel, Weidenröschen und Kiefer. Die Räume atmen Stille, haben etwas Kontemplatives.

Beate Bitterwolf: die Macht der Farben

Flowers Inside: Malerei von Beate Bitterwolf in der Badstube in Wangen
Die Koloristin Beate Bitterwolf versteht es, mit Farben zu zaubern. Die Arbeit die in den Bildern steckt, spürt man, sieht sie ihnen aber nicht an. Das hat etwas von einer Ballettaufführung.

Im Nachbarraum dann wieder ein Fest der Farben. Beate Bitterwolf entfaltet überaus gekonnt Welten von Farben und Komposition. Abstraktes und Gegenständliches, Flächen und Lineares, Schüttungen und gezielte Pinselführung, Sandstrukturen und Lasuren, intensive und gedeckte Farben: Gegensätzliches wird zu einem stimmigen Ganzen verwebt. Jedes Element der ausgewogenen Kompositionen ist an seinem Platz und wichtig für das Gesamtergebnis. Man spürt eine starke Präsenz der Bilder und gleichzeitig die eingeschriebene Zeit. Eine Wanderung durch die Jahreszeiten mit üppigen Pflanzenassoziationen, die zum Entdecken einladen. 

Flowers Inside: Beate Bitterwolf und Anne Carnein in der Badstube in Wangen
Spannende Übergänge zwischen den Räumen – hier von Beate Bitterfeld zu Anne Carnein

Anne Carnein: Lebenszyklen aus Stoff und Draht

Flowers Inside: Objekte von Anne Carnein in der Badstube in Wangen
Pflanzen, die nicht in botanischen Büchern zu finden sind, obwohl sie auf den ersten Blick so wirken.

Nebenan möchte man ebenso auf Entdeckungsreise gehen, doch ist das Raumgefühl durch die Werke der Bildhauerin Anne Carnein hier ein völlig anderes. Die zarten Objekte aus verschiedensten von Hand zusammengenähten Stoffen, die den sie stabilisierenden Draht umhüllen, haben auf den ersten Blick fast die Anmutung einer wissenschaftlichen Versuchsanordnung. Man fühlt sich erinnert an die Wunderkammern in alten Schlössern oder auch Vitrinen mit botanischen Objekten im Naturkundemuseum. Das hängt vermutlich damit zusammen, dass alle „Pflanzen“-Teile gezeigt werden – von den Elementen, die man über der Erde wähnt wie Samen, Knospen, Blüten, Blättern bis hin zu Zwiebeln und wurzelähnlichen Ausläufern. Unwillkürlich schaut man sich um, ob man nicht auch ein paar Insekten entdeckt. Das Leben vom Werden bis Vergehen wird sichtbar. Spannend hier sind auch die Schattenwürfe, die eine zweite Bedeutungsebene schaffen.

Fazit

Flowers Inside: Ausstellungsansicht in der Badstube in Wangen
Die Flure sind stimmiger Teil der Gesamtkomposition.

Eine inspirierende Zusammenstellung künstlerischer Werke rund um das Thema Pflanzen. Sehr überzeugend ist auch die Kuratierung, für die sich vor allem Babette Caesar vom Kultur- und Sportamt verantwortlich zeichnet: Das Auge wird wunderbar von Raum zu Raum geführt; im Flur, von dem die Räume abzweigen, hängen wiederum verschiedene Positionen im Dialog. Unbedingt sehenswert!

Beate Bitterwolf, Anne Carnein, Angela M. Flaig, Hermann Försterling, Susanna Taras
Flowers Inside
Städtische Galerie in der Badstube
Lange Gasse 9, Wangen (Allgäu)
10. August bis 10. November 2024
Dienstag bis Freitag, Sonn- und Feiertage 14 bis 17 Uhr
Samstag 11 bis 17 Uhr

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