Bereits zum 33. Mal findet im ehemaligen Benediktinerkloster in Irsee eine Kunstausstellung statt, die am Samstag vor dem Osterwochenende ihre Pforten öffnet. Sie wird organisiert von den beiden Berufsverbänden BBK in Schwaben und der Schwabenakademie Irsee. Ich bin in diesem Jahr mit einem Bild dabei– da macht es natürlich besondere Freude, über die Ausstellung zu berichten.
In diesem Jahr habe ich mich zum ersten Mal für die Teilnahme beworben. Ehrlich gesagt habe ich immer gezögert, weil die Anreise mit über 100 km für eine Strecke doch recht lang ist. Die Bilder hinzubringen und abzuholen, evtl. noch extra zur Vernissage fahren, ist damit natürlich schon mal eine Ansage. Und: Ich hatte mehrfach gehört, dass die Jury sehr streng ist. Dieser zusätzlichen psychologischen Herausforderung – Bilder abzuholen, die ausjuriert, also nicht angenommen sind –, wagte ich mich nicht zu stellen. Heuer hat mich eine Künstlerkollegin motiviert mitzumachen – und immerhin hängt nun 1 von 4 eingereichten Bildern in der drei Wochenenden dauernden Ausstellung.
Gestern war die Eröffnung, zu der ich gern gefahren bin. Bisher kannte ich den Ort nicht (meine Freundin hatte die Bilder zur Jurierungssitzung hingebracht). Die Anreise ist durchaus spannend – der kleine Ort liegt etliche Kilometer von der Autobahn entfernt inmitten der Allgäuer Landschaft, die Straßen dorthin sind eher klein und wenig befahren. Zwischendurch bin ich nicht sicher, ob ich richtig bin. Umso spannender das Ankommen – der Festsaal ist gut gefüllt mit Gästen.
Wie sich das gehört: Musikalische Untermalung (mit spürbarer Begeisterung „Different Flavours“ – die Jugendband der Musikschule Kaufbeuren) viele Worte von wichtigen Menschen, die viel mehr oder weniger Spannendes erzählen. Interessant finde ich die Rede des Vorsitzenden des BBK Allgäu/Schwaben Süd Sven Mueller, der spannend erzählt über die Werke der beiden Preisträgerinnen: die Fotografie „Chamäleon“ von Ragela Bertoldo, Gewinnerin des Sonderpreises „Polaritäten“, und über die Onyx-Skulptur „Wellen“ der Bildhauerin Maria Rucker, das in diesem Jahr den Meckatzer Kunstpreis erhalten hat. So zart und einfühlsam über Kunst zu sprechen, bringt in mir eine Seite zum Klingen. Und lässt wunderbar nachvollziehen, warum die beiden als Preisträgerinnen ausgewählt worden sind.
Über 80 Kunstschaffende sind in den beiden parallel laufenden Ausstellungen im 2. Stock des Klosters zu sehen – die „33. Schwäbische Künstler in Irsee“ ohne Thema im Festsaal und die Sonderausstellung „Polaritäten“ in den angrenzenden Fluren. Dass es in diesem Jahr zwei weibliche Preisträger gibt, spiegelt auch, dass tatsächlich der Frauenanteil unter den Ausstellenden ein ganzes Stück höher ist als derjenige der Männer.
Es ist eher ungewöhnlich, dass es zwei solcher doch recht hoch dotierter Preise gibt. Und was ich ebenso ungewöhnlich finde, ist, dass alle Ausstellenden im Anschluss an die Vernissage im Klosterrestaurant zum Essen eingeladen sind. Ich traue mich, die Einladung anzunehmen, obwohl ich kaum jemanden kenne (und nicht zu den Heldinnen des Smalltalks gehöre). Ich lande an einem Tisch, an dem ich mit zwei Künstlerinnen aus dem benachbarten BBK ins Gespräch komme. Es wird ein richtig nettes Mittagessen ganz im Sinn des Netzwerkgedankens – spannend und inspirierend.
Gut gefällt mir im Übrigen auch die Ausstellung selbst. Das Niveau ist zum größten Teil sehr hoch und ich bin begeistert, wie viel tolle Künstlerkolleg:innen es in der Region Schwaben gibt. Die ausgestellte Kunst ist vielseitig, thematisch sehr breit gestreut und es macht richtig Spaß, sie anzuschauen. Einige wenige Sachen finde ich weniger gelungen, aber das gehört auch zum Diskurs. Nicht umsonst wird in Jurierungssitzungen um manche Werke gerungen: solche die polarisieren, aber auch solche, die zu gefällig sind. Das kenne ich ja selbst aus dem Kunstverein Wasserburg.
Sehr gelungen finde ich insgesamt auch die Hängung. Vor allem im Festsaal ist das durchaus eine Herausforderung: ornamentale, kurvenreiche Barockarchitektur mit hohen Decken und fest installierten großformatigen Gemälden, darunter dann die zeitgenössische Kunst an Stellwänden. Letztere zu bespielen ist in jeder Raumsituation nicht so einfach, hier allerdings als Kontrapunkt doppelt schwer. Doch die gehängten Werke sind harmonisch und gleichzeitig spannungsreich platziert, treten in Dialoge ein, die an manchen stellen weitere Rezeptionsebenen eröffnen. Ein-, zweimal hängen sehr ähnliche Bilder verschiedener Kunstschaffender eng nebeneinander – da wäre eine andere Platzierung vermutlich besser gewesen. Allerdings: Das Jurieren und Hängen zwei solcher großen Ausstellungen verschiedenster Künstler:innen, von der eine noch nicht einmal eine thematische Klammer besitzt, in solch kurzer Zeit ist eine Herkulesaufgabe. Da sind aus meiner Sicht solche kleinen Ausreißer zu verschmerzen. Ich jedenfalls ziehe meinen Hut.
Ein Besuch der Ausstellung ist auf jeden Fall empfehlenswert: unterschiedlichste künstlerische Positionen an einem Ort. Schwerpunkt ist Malerei; daneben finden sich Druckgrafik, Fotografie, Skulptur und Mischtechniken.
33. Schwäbische Künstler in Irsee
Kloster Irsee
1. bis 16. April 2023
Werktage: 14 – 17 Uhr
Wochenenden und Feiertage: 11 – 17 Uhr
Eintritt frei
Kloster Irsee
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Weitere Links
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- Von provokant bis gefällig – vom Dilemma der Positionierung: Mach doch mal was Provokantes!
- Nicht nur für die Organisatoren, sondern auch für die Teilnehmenden ist eine Menge an Organisation und Aufwand nötig. Hier meine Gedanken dazu: Was kostet eine Ausstellungsbewerbung
- Meine Künstlerkollegin, die mich zur Teilnahme motiviert hat, lebt auch in Lindau und malt wunderbare Bilder. Zwei davon sind auch in Irsee zu sehen. Hier ein Link auf ihre Webseite: Katya Dronova
hallo Dagmar,
klasse dien Bericht – vielen Dank dafür soweit ich mich erinnern kann hat es das in dieser Form noch nie gegeben .
Hallo Benedikt, danke für deinen Kommentar. Ich freue mich, dass er dir gefällt. Wie immer meine ganz persönliche Sicht auf die Dinge ;-)
Liebe Grüße, Dgamar