White Cube

von | Kurz & knackig

([engl.] Weißer Würfel)

Wohl jeder, der schon mal Ausstellungsräume von innen gesehen hat, kennt es: das Gefühl, dass die gezeigte Kunst irgendwie heilig wirkt. Man traut sich nicht, laut zu sprechen, nicht selten fühlt man sich bedeutungslos und unwissend.

Nicht unerheblichen Anteil daran hat der White Cube, der große Raum mit weißen Wänden, auf denen sich nichts anderes befindet als die Kunstwerke, durch Licht meisterhaft in Szene gesetzt.

Bis in die ersten Jahrzehnte des letzten Jahrhunderts sahen Ausstellungsräume noch ganz anders aus: Da leuchteten Wände in den wildesten Farben, die Bilder hingen über- und untereinander, da wussten die Augen nicht, wohin zuerst schauen. Als der deutsche Kunsthändler Paul Cassirer in seiner Berliner Galerie um die Jahrhundertwende seine Bilder der französischen Impressionisten luftig nebeneinander statt in Dreier- und Viererreihen untereinander präsentierte, glich das einer Revolution. Doch auch seine Räume waren noch alles andere als weiß, sondern im Geschmack der Zeit stilsicher eingerichtet.

Mit der modernen Kunst hielten die kahlen, weißen Ausstellungsräume des White Cube ihren Einzug. Wer die Idee dazu hatte, ist nicht ganz klar, manche sagen, es sei Alfred Barr gewesen, der ab 1929 der erste Direktor des MoMA in New York war.

Die Idee: Eine neutrale Umgebung stellt die Kunst in den Mittelpunkt, bringt sie zum Leuchten, verschafft ihr Relevanz. Nichts lenkt ab von der Konzentration. Nach dem Zweiten Weltkrieg setze sich diese Präsentationsform vor allem im westlichen Kulturraum in Windeseile durch. 

Wo Licht ist, da gibt es auch Schatten: Ende der 1950er Jahre kam Kritik am White Cube auf, die bis heute nicht abgerissen ist. Ein Kritikpunkt: Dieses Umfeld erhöhe das, was präsentiert wird und transformiere letztlich alles zu Kunst. So fanden sich Besucher in einem Raum konfrontiert mit Regalen voller Campbell-Tomatensuppendosen, die Andy Warhol zur Kunst erklärt hatte. Doch Widerstand formierte sich vor allem gegen das Grundprinzip, Kunst als singuläres Werk ohne Störung zu präsentieren, in einem fast hermetisch abgeschlossen wirkenden Umfeld. Damit fehlt ein wichtiger Faktor, nämlich ihr gesellschaftlicher und kultureller Kontext. Kunstschaffende kritisierten, dass durch diese Überhöhung die Museen nichts anderes wollten, als zu zeigen, dass sie wissen, was Kunst ist (und was nicht). Und genau das finden die Kunstschaffenden anmaßend.

Allen Diskussionen zum Trotz ist der White Cube bis heute eine wichtige Präsentationsform für Kunst.

Der White Cube bildet einen neutralen Hintergrund für die Kunst. Hier ein Raum im MMK Frankfurt (mit aus rechtlichen Gründen unkenntlich gemachter Kunst)

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