Open Studio Day: super Idee (oder?)

von | 10. Januar 2023 | Kunst erleben

Offene Ateliers sind immer eine wunderbare Möglichkeit für Künstler:innen, ins Gespräch mit Kunstinteressierten zu kommen und ihre Werke zu zeigen. Und für Gäste ist es praktisch, an einem Tag direkt mehrere Ateliers besuchen zu können. Die Voraussetzung ist freilich, dass die Menschen davon wissen. Das klappt nicht immer …

Beim Open Studio Day am 14.1.23 öffnen Ateliers und Galerien in Bregenz und Lindau von 10 bis 16 Uhr ihre Türen. Eine tolle Gelegenheit, Künstlerinnen und Künstler kennenzulernen. Wenn da nur das Organisatorische nicht wäre…
Hier ein persönlicher Erfahrungsbericht.

Montag, 5. Dezember 2022

Bei den Kunstschaffenden in der Region geht eine Mail vom Kulturamt Lindau ein. Es ist unklar, nach welchen Kriterien die Auswahl der Adressaten getroffen ist. Immerhin ist die Vernetzung untereinander so gut, dass die Nachricht verbreitet wird. Im Anhang: eine Ausschreibung der Stadt Bregenz, dass es am 14.1.23 einen Open Studio Day von Bregenz bis Lindau geben wird – und Kunstschaffende eingeladen sind, sich zu bewerben.

Coole Idee, denke ich. Schön, dass grenzüberschreitende Veranstaltungen wieder möglich sind und organisiert werden. Meine letzten Tage der Offenen Ateliers sind schon ein Weilchen her: „Einblicke“, noch in meinem alten Atelier in der Garage. Der war vom Kunstverein Wasserburg organisiert und hatte trotz der Juni-Hitze in 2019 viele Besucher:innen angezogen. Und im September 2020 hatten meine Nachbarin und Künstlerkollegin Ute Reincke und ich hier im Zechwald-Areal unsere Schaffensräume geöffnet. Auch da war einiges los, wobei ich den Verdacht habe, dass viele vor allem deshalb gekommen sind, weil sie neugierig waren, wie sich die ehemaligen Produktionsstätten von Strümpfen und Autoteilen verändert haben.

Dass die Rundmail von der Stadt Lindau verschickt wird, liegt wohl daran, dass sich Bregenz einen Kooperationspartner gesucht hat. Umso besser. Allerdings: Viele Details sind nicht gerade enthalten: nur der Tag und die Uhrzeit der Offenen Ateliers. Und der Bewerbungsschluss (16.12.).

Huch, denke ich, das ist sportlich. Ich hatte bei den oben genannten Offenen Ateliers die Organisation und das Erstellen der Kommunikationsmaterialien übernommen, weiß also um Termine und Zeitfenster. Anmeldungen sammeln, einen Lageplan erstellen. Kommunikationsmaterialien wie Flyer, Plakate und Co. erstellen, drucken lassen und verteilen, die Webseite mit mehr Infos befüllen. Und dazwischen Weihnachten und Silvester.

Bis 12. Dezember

Spontan fragte ich zwei Künstlerkolleginnen, ob sie Lust haben, Gast in meinen Räumen zu sein. Eine der beiden möchte lieber die anderen Ateliers besuchen, die andere macht mit. Ich freue mich. Nach meiner Vernissage am 9.12. werde ich erstmal krank. Ich schaffe es nicht an den Schreibtisch, die Bewerbung muss warten.

Eine Kollegin ruft im Kulturamt Lindau an. Es gibt keine weiteren Infos, man weiß dort nicht mehr als das, was in der Mail stand.

Dienstag, 13. Dezember

Ich kontaktiere die Verantwortlichen in Bregenz per Mail. Ich frage, ob es ok ist, eine Gastkünstlerin dabei zu haben, und wie sich das im standardisierten Anmeldeformular eintragen lässt. Und vor allem: Welche Art von PR / Kommunikation ist geplant? Wird die Veranstaltung online bekannt gegeben, wenn ja auf welchen Kanälen? Wird es Plakate/Flyer etc. geben? Oder eine Karte mit Wegeplan (und evtl. Vorstellung der Kunstschaffenden)? Fragen über Fragen.

Die Antwort aus Bregenz kommt schnell und freundlich. Gastkünstlerin: Tolle Idee. Infos bezüglich Werbung/PR werden erst nach Abschluss der Anmeldephase verschickt. Hmm, ich mache also in einer Blackbox-Veranstaltung mit. Aber als Künstlerin mag man Experimente, also warum nicht?

Mein Galerieraum wird auch geöffnet sein. Zu Gast: Monika Lokau

Ab Donnerstag, 15. Dezember

Anmeldebögen ausgefüllt, termingerecht hingeschickt. Und dann: nichts. Beziehungsweise: Weihnachten. Feiertage. Silvester. Feiertage. Wenigstens genug Zeit, um richtig gesund zu werden. Ab und zu schaue ich auf den Webseiten der Stadt Bregenz und Lindau vorbei. Nichts Neues.

Dienstag 3. Januar 2023

Ich schaue mal wieder ins Internet. Das einzige, was sich finden lässt, ist eine Mitteilung beim Kultursektor elektra, ein Kunstförderprogramm der Stadt Bregenz, das im November angelaufen ist. Elektra ist wohl ein weiterer Kooperationspartner beim Open Studio Day, war mir bisher so nicht klar. Und auf Instagram bewerben sie diesen schon mal kräftig als Rahmenprogramm für ihre Teilnehmenden, inklusive AfterParty. Offensichtlich wissen sie mehr als alle anderen.

Auf der Facebook-Seite der Stadt Bregenz hinterlasse ich einen Kommentar unter der dort am 6. Dezember geposteten Ausschreibung. „Gibt es denn schon Neuigkeiten bzgl. der Teilnehmenden und der Kommunikationsmaterialien? So langsam müssten auch die teilnehmenden Kunstschaffenden das Ganze bekannt machen und bewerben.“ Stille.

Ich hatte einigen Freunden und Bekannten vom Open Studio Day erzählt, nun kommen Nachfragen. So langsam steht die Wochenendplanung für Januar an. Alle wollen Genaueres wissen: Wer macht denn nun mit? Wo sind die Ateliers? Wie viele sind in Lindau, wie viele in Österreich? Gibt es Flyer zum Verteilen? Nirgends sind Informationen zu finden – weder auf der Bregenzer, noch auf der Lindauer Webseite. Ich zucke mit den Schultern. Ich weiß es auch nicht.

Mittwoch, 4. Januar

Endlich: eine Mail aus Bregenz. Ich öffne sie: mehrere Bilddateien in verschiedenen Formaten für die Sozialen Medien. Nur mit Datum und Uhrzeit. Sonst nichts. Ich bin irritiert. Und frage nach, ob es weitere Informationen – etwa der teilnehmenden Kunstschaffenden und entsprechenden Orte gibt. Schließlich brauche ich etwas Fleisch, um das Skelett des Datums mit Leben füllen zu können. Auch für die Werbung in den Sozialen Medien, weitere Außenkommunikation und Rückfragen ist es durchaus sinnvoll zu wissen, wie viele Menschen an welchen Orten mitmachen, welche Art von Kunst gezeigt wird etc.

Auch Einblicke in mein Atelier gibt es am 14. Januar

Donnerstag, 5. Januar

Die Antwort vom Kulturamt Bregenz kommt wieder schnell: Mir wird morgens mitgeteilt, dass sich alle Infos ab nächster Woche auf der Homepage finden und die Flyer noch digital an alle Teilnehmer:innen versendet werden. Wann das sein wird? Keine Ahnung. Aber vermutlich nicht vor dem 9. Januar – schließlich sind die meisten Menschen der Kommunikationsabteilungen in Bregenz und Lindau noch im Feiertagsurlaub.

Ich entschließe mich nachzufassen. Ich schreibe, dass es toll wäre, die Auflistung der Teilnehmer:innen sobald wie möglich zu bekommen, um zu wissen, was wir unseren Verteilern schreiben können. Manche der Verteiler brauchen noch etwas Vorlauf, etwa weil das Büro nur einmal pro Woche geöffnet ist. Bei anderen Verteilern (etwas dem Kunstverein Wasserburg) wäre es gut zu wissen, welche Mitglieder teilnehmen. Es ist immer persönlicher, wenn man dem Kind einen Namen geben kann…
Ich dachte, es liegt auf der Hand: Je besser alle (auch die Teilnehmenden) die Info streuen, desto wirkungsvoller. Wenn niemand vom Tag der offenen Ateliers weiß, kommt auch keiner. Und manche wollen ihre „Besuchsreise“ planen.

Geht doch: Mittags wird immerhin der Flyer verschickt, auf dem die Namen und Adressen der Teilnehmer:innen gelistet sind. Es wird erneut mitgeteilt, dass weiterführende Infos ab der kommenden Woche auf der Homepage zu finden sind. Mmh: Eine gute Woche vor dem Open Studio Day ist unklar, ob gedruckte Plakate und Flyer kommen, wohin sie kommen und wann genau unter welcher genauen Webadresse weitere Informationen zu finden sind. Falls man sich über die Teilnehmenden genauer informieren möchte, muss man ihre Namen per Hand in die Internetsuche eingeben. Ehrlich: Effektives Marketing geht anders.
Ich schreibe meine Verteiler an, stelle alles auf meine Webseite und poste auf Social Media. Was die weiteren Infos betrifft, bleibe ich im Ungefähren.

kunstreiche Einladung zum Offenen Atelier 2023 Rückseite

Montag, 9. Januar

Nichts. Nach wie vor keine Info auf den Webseiten oder in den Sozialen Medien.

Kurz vor Mittag eine Mail aus Bregenz: Herzliche Einladung zur Pressekonferenz „Open Studio Day“ im Rahmen der Ausstellung „Bregenz fördert Kunst“ am Dienstag, 10. Januar, um 10.30 Uhr in Bregenz. Zur Begrüßung kommen: (Ober)Bürgermeister:in und Kulturamtsleiter:in jeweils von Lindau und Bregenz, der Stadtrat für Kultur und ein Vertreter des Kultursektor Elektra. Mir wird mitgeteilt, dass sich die Veranstalter freuen, uns Mitwirkende bei dieser ersten Zusammenarbeit des Kulturamts der Stadt Lindau, dem Kultursektor Elektra und dem Kulturservice der Landeshauptstadt Bregenz begrüßen zu dürfen.
Ich zweifle an der Freude: Mich weniger als einen Tag vorher zur Pressekonferenz einzuladen, zeugt nicht gerade von Wertschätzung. Es soll auch Kunstschaffende geben, die tagsüber arbeiten und Termine haben.

Nachmittags eine weitere Mail: Die Flyer und Plakate für den Open Studio Day sind eingetroffen und werden nun in Bregenz und Umgebung verteilt. Ich werde gebeten, das Plakat vor Ort am Samstag gut sichtbar aufzuhängen, die Flyer auszulegen und an die Besucher:innen zu verteilen. Sinnvoller fände ich, die Flyer mit etwas Vorlauf an öffentlichen Orten auszulegen. Falls Gäste schon zu mir gefunden haben, brauchen sie diese Info eher nicht mehr. Leider wird mir nicht mitgeteilt, wie ich an die gedruckten Flyer und Plakate gelange.

Der Kultursektor elektra postet etwas zur Veranstaltung auf Instagram und lädt zur Aftershow ein.

Ob sich jemand zu mir ins Zechwald-Areal verirrt? Auch den rauen Industriecharme gibt es umsonst

10. Januar (4 Tage vor dem Termin!)

Die Pressekonferenz ist vorbei (ich hatte einen anderen Termin), es kommt Bewegung in die Sache. Ich bekomme um 11.20 Uhr auf Facebook eine Antwort auf meine vor einer Woche geposteten Frage, unter welcher Internetadresse sich weitere Informationen finden lassen. Ich checke den Link und in der Tat: Online steht nun endlich etwas auf der Bregenzer Seite. Allerdings muss man noch immer die Künstler per Copy und Paste in die Suchmaschine eingeben – direkte Verlinkungen zu deren Webseiten gibt es nicht. Die Stadt Lindau postet etwas auf Instagram. Zu sehen sind viele wichtige Personen – wenn man genau hinschaut, auch zwei Künstlerinnen.

Ich habe erstmal genug. Ich freue mich trotzdem auf den Samstag, schließlich habe ich einen spannenden Ateliergast, mit dem ich mich auch ohne Schwierigkeiten 6 Stunden unterhalten kann. Ich hoffe trotzdem, dass es einige Kunstinteressierte schaffen, vorbeizuschauen. Ich hatte am Anfang dem Kulturamt mitgeteilt, dass mein Atelier nicht einfach zu finden ist, weil die Zechwaldstraße 1 eigentlich ein sehr großes, unübersichtliches Areal ist. Sogar ein Foto mit Lageplan hatte ich mitgeschickt. Auf der Webseite findet sich dazu allerdings kein Hinweis.

Von der Zechwaldstraße geht es zu Fuß ins Zechwald-Areal zu meinen Schaffensräumen.

11. Januar

In der Schwäbischen Zeitung wird heute ein Artikel veröffentlicht (ich vermute, auch in den Vorarlberger Nachrichten steht etwas, aber ich habe keine Lust auf Rechechieren). Der Text: das Gleiche, was auf der Webseite steht. Ein Foto: von den sechs Verantwortlichen. Über die teilnehmenden Kunstschaffenden: nichts (zumindest in der Online-Version; in der später erscheinenden Printausgabe stehen die Namen und Adressen)..

Fazit

Ein länderübergreifender Tag der Offenen Ateliers ist eine super Idee. Aber: Gut gemeint, ist nicht gut gemacht. Die Kooperation mit der Stadt Lindau wurde laut Webseite bereits Anfang Oktober 2022 in einer gemeinsamen Stadtvertretungssitzung beschlossen. Das Förderprojekt mit dem Kultursektor Elektra läuft bereits seit einigen Wochen, so lange ist bekannt, dass es einen Open Studio Day geben soll. Warum also alles erst auf den letzten Drücker initiieren? Warum nicht von Anfang an klar kommunizieren, dass das Ganze eigentlich nur ein Begleitprogramm der Gruppenausstellung „Bregenz fördert Kunst“ im Magazin 4 ist? Wenn der „offene Diskurs mit den Kulturschaffenden über ihre Arbeit“ als so wichtig erachtet wird, dass er jetzt auf der Webseite und in Pressemitteilungen proklamiert wird, warum wird er dann nicht gelebt? Sorry, liebe Organisatoren: So fühle ich mich weder wertgeschätzt, noch ernst genommen.

PS: Hier ein Beispiel, wie die Kommunikationsmaterialien für einen Tag der Offenen Ateliers auch aussehen können (von unserem Kunstverein 2019): Das Vorschaubild war das Plakat; beim Anklicken öffnet sich das PDF des 12-seitigen Faltflyers, mit dessen Verteilen wir etwa drei Wochen vorher begonnen haben).


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